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Paroles: Hildegard Knef. Fragebogen.

Diesen Fragebogen full'n Sie bitte aus,
denn nur so finden wir heraus,
was Sie denken, was Sie fuhlen,
was Sie glauben, was Sie tun,
ob Sie rechts, ob Sie links
oder allerseits immun.

Macht die Arbeit Ihnen Freude,
welche uben Sie denn aus?
Sind Sie haufig in der Kreide
oder aus dem Schneider raus?
Glauben Sie ans Weiterleben,
mochten Sie ein eignes Haus,
leiden Sie an Depressionen,
kenn'n Sie sich in Deutschland aus,
fuhlen Sie sich uberfordert,
sind Sie rundherum gesund,
war' ein Kaiser Ihnen lieber,
hab'n Sie Katze oder Hund,
wie oft wechseln Sie den Partner,
kleiden Sie sich oftmals bunt,
liefen Sie schon einmal Amok,
und wenn ja, was war der Grund?

Unvermeidlich, unausweichlich
kommen wir zu Absatz zehn,
und erst hier wird sich entscheiden,
ob Sie unsren Test bestehn.
Die Erforschung Ihrer Meinung
ist ein nationales Muss,
eine leserliche Druckschrift
wird gewertet als ein Plus.

Nennen Sie in knappen Worten,
welcher Tick, welche Manie,
dumpf in Ihrer Seele horten.
Welchen Wagen fahren Sie?
Sind Sie stolz auf irgend etwas,
glauben Sie, wer will, der kann,
und seit wann sind Sie versichert,
geben Sie Ihr Alter an!
Was verstehn Sie unter Liebe,
haben Sie das Abitur,
uben Sie sich in Karate,
wohin gehen Sie zur Kur,
waren Sie des Mordes fahig,
spielen Sie ein Instrument,
haben Sie ein Buch gelesen,
sind Kommunen dekadent,
sind Sie mannlich oder weiblich,
wie seh'n Sie den Unterschied,
auf was hoffen Sie vergebens,
kennen Sie ein Heimatlied,
essen Sie gern vegetarisch,
leiden Sie an Selbstkritik,
was versteh'n Sie unter A»arischA«,
horen Sie oft Marschmusik?

Was ist Ihre Lieblingsfarbe,
denken Sie zuweilen nach?
Und wenn ja, erklar'n Sie bundig,
was dafur, dagegen sprach.
Wie oft wechseln Sie den Wohnsitz,
planen Sie ein Attentat,
meinen Sie, dass Frauen dumm sind?
Nennen Sie uns ein Zitat!
Glauben Sie, Gewalt sei schadlich,
wie viel Stunden schlafen Sie,
finden Sie den Fortschritt loblich,
brauchen wir die Infant'rie,
geh'n Sie manchmal ins Theater,
ist der Strafvollzug gerecht,
welchen Dienstgrad hat Ihr Vater,
glauben Sie, der Mensch ist schlecht?

Und jetzt komme ich zu Worte,
ich, die Ihnen Antwort stand:
Da Sie denken, dass Sie wissen,
was ich wo und wie empfand,
ob ich der Gemeinschaft nutzlich
und genehm dem Vaterland,
mochte ich so trefflich sagen,
was bereits bei Goethen stand!
Sollt' es Ihnen nicht gelingen,
meinen Hinweis zu versteh'n,
bitt' ich Sie, bei Berlichingen
unverzuglich nachzuseh'n:
Dritter Akt und vierte Szene
weisen Sie verlasslich ein!
Und ich stimme, nota bene,
in den Ausspruch, der nicht fein.
Hildegard Knef